
Financial Times Deutschland April 11, 2004
Bundesregierung geht vom Tod der GSG9-Beamten in Irak aus
Die beiden im Irak verschollenen deutschen Sicherheitsbeamten sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes "mit hoher Wahrscheinlichkeit" tot. Das Schicksal der drei japanischen Geiseln bleibt weiter ungewiss.
"Eine letzte Bestätigung steht noch aus", sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Sonntag in Berlin. Zuvor hatte eine britische Zeitung geschrieben, einer ihrer Reporter habe die Leichen der beiden Deutschen gesehen. Irakischen Rebellen hätten den "Sundy Telegraph"-Journalisten zur Leiche eines 25-jährigen Deutschen geführt. Der Reporter habe einen Ausweis des 25-jährigen gesehen, der bei einem Feuergefecht zusammen mit seinem Kollegen erschossen worden sei, hieß es. Die beiden Leichen hätten ausgestreckt neben der Straße gelegen.
Die irakische Rebellengruppe hätten den Briten zu dem Ort an der Straße nahe des Tigris geführt, an dem der weiße Allradwagen der Deutschen bei einer Verfolgungsjagd gestoppt worden sei, indem ihm die Reifen zerschossen worden seien.
Die Leiche sei von mehreren Kugeln getroffen, sein Gesicht blutüberströmt gewesen. Der Kommandeur habe einen Kämpfer scharf zurechtgewiesen, der seinen Fuß triumphierend auf den Toten habe stellen wollen. In der Nähe hätten sechs Iraker Gräber für die beiden Deutschen ausgehoben.
"Die Deutschen hatten keine Chance mehr"
Die Rebellen hätten den aus sechs Geländewagen bestehenden Konvoi verfolgt, nachdem er ihren Kontrollpunkt durchbrochen habe. Der Wagen der beiden Deutschen sei der Letzte gewesen; die Iraker hätten auf ihn mit Raketen und Gewehren geschossen, bis er mit zerschossenen Reifen von der Straße abgekommen und gegen ein Haus geprallt sei. Die Deutschen hätten keine Chance mehr gehabt.
Ungewiss ist weiter das Schicksal der drei am Donnerstag entführten Japaner. Die angekündigte Freilassung der Geiseln ist entgegen Medienberichten offenbar bisher nicht erfolgt. Nach Angaben der japanischen Außenministerin Yoriko Kawaguchi habe sie auch zwei Stunden nach Ablauf des erwarteten Freilassungstermins keine "bestätigte" Information über den verbleib der Geiseln.
Waffenstillstand in Falludscha
Die irakischen Entführer hatten laut einem Bericht des arabischen Fernsehsenders Al Dschasira am Samstagmittag angekündigt, die Geiseln binnen 24 Stunden freizulassen. Der Sender berichtete unter Berufung auf die Geiselnehmer, sie hätten sich nach Vermittlung einer Organisation sunnitischer Muslime in Irak zu diesem Schritt entschlossen. Die Entführer hatten zunächst gedroht, ihre Geiseln zu töten, wenn Tokio seine Truppen nicht bis Sonntag aus Irak abziehe. Die japanische Regierung lehnte dies kategorisch ab.
Für die seit Tagen von US-Truppen eingekesselte irakische Stadt Falludscha soll nach Informationen von Al Dschasira erneut eine zeitlich begrenzte Waffenruhe gelten. Darauf hätten sich Vertreter der Aufständischen und des provisorischen irakischen Regierungsrates geeinigt. Die Aufständischen hätten versichert, dass sie die Waffenruhe einhalten würden. Der von den USA eingesetzte irakische Regierungsrat hatte in der Nacht zum Samstag in einer Erklärung eine "politische Lösung" für Falludscha und ein Ende der "kollektiven Strafaktion" des US-Militärs gefordert. Ein Regierungsratsmitglied hatte seine Mitgliedschaft ausgesetzt und zwei Minister der Übergangsregierung waren zurückgetreten.
Verhärtete Fronten
Die Aufständischen verlangen den Rückzug der US-Truppen aus Falludscha. Die USA hingegen erwarten die Auslieferung jener Personen, die für die Tötung von vier amerikanischen Sicherheitsleuten und der Schändung ihrer Leichen vor zehn Tagen verantwortlich waren.
Außerdem müssten die Rebellen ihre Waffen niederlegen und "ihrer Mitgliedschaft in extremistischen Gruppen abschwören". Für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen drohte ein US-Militärkommandeur mit weiteren schweren Angriffen. Die Aufständischen hätten die Wahl, sich zu ergeben oder zu sterben, sagte Oberstleutnant Brennan Byrne.
Die vereinbarte Waffenruhe wurde am Nachmittag von zwei Zwischenfällen unterbrochen. So verletzte ein Scharfschütze zwei US-Soldaten und die Besatzung eines Kampfhubschraubers kam ums Leben, als sie westlich von Bagdad abgeschossen wurde.
(mit Agenturen)
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