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Financial Times Deutschland April 10, 2004

Zwei Deutsche in Irak vermisst

In Irak werden zwei deutsche Sicherheitsbeamte vermisst. Bei Gefechten zwischen Aufständischen und US-Truppen nördlich von Bagdad sind in der Nacht mindestens 40 Iraker getötet worden.

Das Auswärtige Amt teilte am Samstag in Berlin mit, die beiden Männer würden seit einigen Tagen vermisst. Es gebe aber keine Anhaltspunkte, dass sie entführt worden seien. Einzelheiten nannte das Ministerium nicht. In Sicherheitskreisen hieß es ergänzend, die beiden Männer seien bei ihrem Verschwinden auf dem Weg von der jordanischen Hauptstadt Amman nach Bagdad gewesen. Die Strecke gilt als besonders gefährlich.

Das ZDF meldete am Samstag, bei den Verschwundenen handele es sich um zwei Männer im Alter von 38 und 25 Jahren. Die ARD rechnete in einem Bericht der "Tagesschau" die Verschwundenen der Eliteeinheit GSG-9 zu.

In der irakischen Hauptstadt kam es am Samstag erneut zu heftigen Gefechten zwischen Aufständischen und US-Truppen. Zu den blutigen Auseinandersetzungen in Bakuba sei es gekommen, nachdem Widerstandskämpfer Soldaten und irakische Sicherheitskräfte angegriffen hätten, berichtete Militärsprecher Issam Bornales. Mehrere amerikanische Soldaten seien verletzt worden.

Die Aufständischen hätten am Freitagabend Granaten und Schüsse auf Behörden und eine US-Einrichtung abgefeuert. Die Gefechte hätten sich schließlich über die Stadt ausgedehnt. US-Truppen schossen den Angaben zufolge unter anderem in eine Gruppe von rund 100 Bewaffneten. Nach Einschätzung der Streitkräfte kosteten die Kämpfe rund 40 Iraker das Leben.

Ausschreitungen bei schiitischem Fest erwartet

Für die Schiiten beginnt am Samstagabend das Arbain-Fest. Nach Angaben der amerikanischen Zivilverwaltung befanden sich am Morgen bereits über eine Million Pilger in der Stadt. Für die Sicherung vor Anschlägen und Angriffen von Heckenschützen wollten die Schiiten selbst sorgen. Die US-geführten Koalitionstruppen hatten jegliche Verantwortung für die Sicherheit der Pilger während des Festes abgelehnt. Es gab die Befürchtung, es könnte hier - wie vor 40 Tagen - zu neuen Selbstmord-Anschlägen von Extremisten kommen. Damals waren in Bagdad und Karbala bei Anschlägen von Selbstmord-Attentätern mit mutmaßlichen Verbindungen zur al-Kaida über 170 Menschen getötet worden.

Die Welle der Gewalt könnte auch Auswirkungen auf die Regierungsbildung in Irak haben. Mehrere Mitglieder des irakischen Regierungsrats haben dem Vernehmen nach mit ihrem Rückzug aus dem Gremium gedroht, sollten die Kämpfe um die westirakische Stadt Falludscha nicht beendet werden. Wie aus informierten Kreisen am Samstag weiter verlautete, wollen mindestens drei Vertreter ihre Mitgliedschaft im Rat aussetzen, sollten Bemühungen um ein Ende der blutigen Kämpfe scheitern.

Über 1000 Verletzte

Seit Wochenbeginn sind in der umkämpften Stadt mindestens 450 Iraker getötet und mehr als 1000 verwundet worden. Das berichtete der arabische Fernsehsender al-Dschasira unter Berufung auf den Leiter des größten Krankenhauses in Falludscha.

US-General Mark Kimmitt hat den Widerstandskämpfern in der von den Besatzungstruppen umstellten Stadt Falludscha eine beiderseitige Waffenruhe angeboten. Er hoffe, die Aufständischen über die Öffentlichkeit zu einem Ende der Gewalt bewegen zu können, sagte Kimmitt am Samstag vor Journalisten in Bagdad. Die Waffenruhe solle Verhandlungen zwischen der irakischen Übergangsregierung und Vertretern der sunnitischen Aufständischen ermöglichen. Die Kämpfe um die irakische Stadt, der Hochburg des sunnitischen Widerstands, gingen auch in der Nacht zum Samstag weiter.

Ein US-Kampfhubschrauber beschoss mutmaßliche Stellungen von Aufständischen, am Boden lieferten sich US-Soldaten und Widerstandskämpfer schwere Artilleriegefechte. Nach Angaben eines Militärsprechers bombardierte die Luftwaffe eine Höhle in der Nähe der Stadt, in der sich mehrere Aufständische nach Angriffen auf die US-Truppen verschanzt hätten. Bei Feuergefechten am Freitagnachmittag sei ein Soldat ums Leben gekommen, hieß es weiter.

Straw sieht "extrem ernste Lage"

Der britische Außenminister Jack Straw hat die Lage in Irak am Samstag als extrem ernst bezeichnet. US-Außenminister Colin Powell hatte gesagt, er sei von der Heftigkeit der Auseinandersetzungen überrascht, glaube aber nach wie vor, die USA könnten ihre Ziele für Nachkriegs-Irak erreichen.

Die von den USA geführten Koalitionsstreitkräfte sehen sich seit Tagen einem stetig wachsenden Widerstand von Aufständischen konfrontiert. Im Süden Iraks hat die so genannte Mehdi-Armee unter dem Schiiten-Geistlichen Muktada al-Sakr gegen die Besatzungstruppen mobil gemacht.

Die Situation im Irak wurde durch die jüngsten Geiselnahmen an einer Reihe von Ausländern zusätzlich verschärft. In Amman in Jordanien übernahm der japanische Vize-Außenminister Ichiro Aisawa die Koordination der Bemühungen um eine Freilassung der entführten drei japanischen Geiseln. Die Entführer verlangen von der Regierung in Tokio den Abzug ihrer rund 550 Soldaten aus Irak und haben mit der Ermordung der Geiseln gedroht. Angeblich haben sie der japanischen Regierung ein Ultimatum bis Sonntagmittag gesetzt. Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat es trotz der Proteste von Angehörigen und Kriegsgegnern in Japan abgelehnt, den Forderungen der Entführer nachzugeben.

Die Entführer, eine bisher unbekannte irakische Gruppe, hatten ein Video veröffentlicht, auf dem die Geiseln mit verbundenen Augen und mit Waffen bedroht zu sehen sind. Sollte Japan den Forderungen nicht nachgeben, würden die Entführer sie "lebendig verbrennen", hatten die Entführer mitgeteilt.

© Illustration: FTD/am; globalsecurity.org


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