
Financial Times Deutschland March 16, 2004
USA wollen Spanien in Irak halten
Die USA und Großbritannien planen möglicherweise eine neue Uno-Resolution für Irak. Damit soll der angekündigte Abzug der spanischen Truppen aus dem Land verhindert werden.
Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon sagte am Dienstag, Großbritannien würde eine neue Uno-Entschließung unterstützen und daran mitarbeiten. Die US-Regierung bekräftigte, sie sei zwar unverändert der Ansicht, dass der Irak-Einsatz durch bestehende Resolutionen abgedeckt sei. Dennoch sei "im Zusammenhang mit der Übertragung der Souveränität am 30. Juni eine neue Resolution möglich", sagte der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Adam Ereli. Der designierte spanische Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero hat angekündigt, die rund 1300 in Irak stationierten Soldaten des Landes wieder nach Hause zu holen, falls die Vereinten Nationen nicht bis Jahresmitte im Irak die Verantwortung übernähmen.
Bundesverteidigungsminister Peter Struck sagte im Deutschlandfunk, ein Abzug spanischer Truppen allein werde nicht zu einer instabilen Lage in Irak führen, da Spanien nur einen relativ kleinen Teil der Streitkräfte stelle. "Es wäre allerdings ein deutliches politisches Signal, das wohl auch beabsichtigt ist." Ob ab Sommer Truppen im Irak unter Uno-Kontrolle gestellt würden, sei noch nicht abzusehen, sagte Struck. "Es ist die Frage, ob der neue Übergangsrat die Vereinten Nationen bitten wird, mehr Verantwortung zu übernehmen." Die Bundesregierung lehnt eine Entsendung von Truppen in den Golfstaat strikt ab.
Sozialisten-Chef Zapatero hatte mit der Ankündigung eines spanischen Rückzugs aus Irak einen radikalen Kurswechsel in der Außenpolitik des Landes eingeleitet. Unter dem scheidenden konservativen Ministerpräsidenten Jose Maria Aznar stand Spanien in der Irak-Politik fest an der Seite der USA, obwohl etwa 90 Prozent der Spanier den Irak-Krieg abgelehnt hatten. In US-Kreisen hieß es, bis zum 1. Juli könne sich die Haltung Zapateros noch ändern. "Er ist noch gar nicht im Amt."
Nato-Kommando im Gespräch
Auf dem diplomatischen Parkett werden bereits Optionen diskutiert, wie ein Abzug der spanischen Truppen noch verhindert werden könnte. Eine Variante wäre Diplomaten zufolge, die Truppen in Irak unter Nato-Kommando zu stellen und mit einen Uno-Mandat auszustatten. Dies könnte dazu beitragen, dass Spanien seine Soldaten in Irak belassen und Zapatero sein Gesicht wahren könnte. "Neben der politischen Frage steht dann aber noch die Frage, ob eine ausreichende militärische Kapazität zur Verfügung steht", sagte ein Nato-Diplomat. Es sei schon kompliziert, Truppen für Afghanistan zu bekommen.
Wenn sich Zapatero auf die Seite der Kriegsgegner Deutschland und Frankreich stelle, könnte er deren Argumentation übernehmen, dass die Nato nur auf Bitte einer souveränen irakischen Regierung und ausgestattet mit einem Uno-Mandat eine Rolle in Irak spielen könne. Diese Bitte könnte just an dem Tag gestellt werden, wenn die Regierung am 1. Juli die Macht übernehme, sagte ein Diplomat. Die Nato würde dann unter dem Druck stehen, einen neuen Einsatz zu planen und mit genügend Ressourcen auszustatten. Einige Diplomaten sehen dabei allerdings weniger Probleme als bei der Bereitstellung von Truppen für Afghanistan, denn die Truppen seien schon in Irak und müssten "nur ihre Schilder und Flaggen auf 'Nato' ändern."
Andere Diplomaten sehen die Entwicklung in Irak selbst als viel entscheidender an. So könnte die Anfang März verabschiedete Übergangsverfassung dazu führen, dass die ethnischen Gruppen und dabei vor allem die schiitische Mehrheit unter den gegenwärtigen Regelungen ihren Einfluss als gesichert ansehen und daher kein Interesse an einer fremden haben.
© 2004 Reuters Limited. Nutzerbeschränkungen , © Illustration: FTD/am; globalsecurity.org
© Copyright 2004, Financial Times Deutschland