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Stuttgarter Zeitung March 31, 2003

"Wir sind die Therapie"; Reaktion auf die Attentate

Vier Soldaten haben die US-Truppen durch ein irakisches Selbstmordattentat verloren. Die alliierte Kriegsfuehrung werde dadurch nicht beeinflusst, beteuert das US-Oberkommando. Aber es gibt Anzeichen dafuer, dass die Amerikaner den Irakern nervoeser gegenuebertreten.

Der Irak hat gestern weitere Selbstmordangriffe gegen die alliierten Streitkraefte angekuendigt. Ein irakischer Militaersprecher sagte, die Attacke am Samstag auf die amerikanischen Soldaten bei Nadschaf sei "nur der Beginn eines langen Wegs des Dschihad (heiliger Krieg) gegen die Invasoren" gewesen. Bei den "Maertyrer-Operationen" wuerden nicht nur Iraker, sondern auch Kaempfer aus vielen anderen arabischen Nationen eingesetzt werden. Mehr als 4000 Freiwillige aus arabischen Laendern stuenden bereit.

Das amerikanische Oberkommando beeilte sich nach dem Anschlag zu versichern, dass Selbstmordattentate die alliierte Kriegsfuehrung nicht beeinflussen wuerden. Die Streitkraefte wuerden lediglich ihre Sicherheitsmassnahmen bei Militaerkontrollpunkten verstaerken. Oberst Will Grimsley, Kommandeur der angegriffenen Brigade, betonte, dass der Schutz der Streitkraefte weiter hoechste Prioritaet habe. "Das bedeutet aber nicht, dass wir uns in kleine Loecher zurueckziehen und verstecken. Es unterstreicht nur die Entschlossenheit, warum wir hier sind."

Eine Folge des Anschlags wird nach Meinung von Experten sein, dass die Soldaten noch vorsichtiger sein werden, wenn sie sich Zivilisten naehern, von denen einige infolge von Missverstaendnissen auch getoetet werden koennten. "Alles, was die Iraker bislang getan haben, geschah in der Absicht, es fuer irakische Militaerangehoerige und Zivilisten schwieriger zu machen, sich den Amerikanern zu ergeben", erklaert John Pike, Direktor von Globalsecurity.org. "Die Amerikaner werden allen Irakern mit zunehmender Nervositaet gegenuebertreten." Die Furcht werde gegenseitig, was den Krieg verlaengern koenne. Selbstmordattentate haetten aber kaum die Aussicht, das Ergebnis letztlich zu aendern.

Anzeichen fuer die zunehmende Nervositaet gibt es bereits. Nach dem Bericht eines Reporters der "Sunday Times" haben amerikanische Soldaten bei Nasirija mindestens zwoelf irakische Zivilisten erschossen, darunter Frauen und Kinder. Die Zivilisten sollen nachts ueber eine strategisch wichtige Bruecke gefahren sein, die die amerikanischen Marineinfanteristen unter allen Umstaenden verteidigen sollten. Die US-Soldaten seien zuvor in mehrere Hinterhalte gelockt worden, bei denen auch gezielt Zivilisten oder Kaempfer in Zivilkleidung eingesetzt worden waren, um die US-Militaers in Sicherheit zu wiegen.

Der Anblick der getoeteten Zivilisten sei "entsetzlich" gewesen, schrieb der Reporter Mark Franchetti, der die US-Soldaten bei ihrem Vormarsch begleitet: "Etwa 15 Fahrzeuge blockierten die Strasse. Sie waren durchsiebt mit Einschussloechern. Inmitten der Wracks zaehlte ich zwoelf tote Zivilisten. Alle hatten versucht, diese suedliche Stadt ueber Nacht zu verlassen. Wohl aus Angst, in US-Hubschrauber-Angriffen oder durch Artilleriebeschuss getoetet zu werden. Ihr Fehler war es, ueber eine Bruecke zu fliehen, die von entscheidender Bedeutung fuer die Versorgungslinien der Koalition ist - und in die Arme einer Gruppe zu Tode veraengstigter junger amerikanischer Marineinfanteristen zu rennen, die Anweisung hatten, auf alles zu schiessen, was sich bewegte."

Franchetti beschreibt "ein kleines Maedchen, nicht aelter als fuenf, in einem Graben, tot, neben der Leiche eines Mannes, der vielleicht sein Vater war. Ihm fehlte der halbe Kopf." Die US-Soldaten empfaenden zum Teil keine Reue: "Die Iraker sind kranke Leute, und wir sind die Chemotherapie", wurde ein Unteroffizier zitiert. "Ich fange an, dieses Land zu hassen." AP/dpa


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