
The Associated Press Worldstream - German March 20, 2003
Elektro-Bomben, Infrarot-Raketen und Roboter;
Pentagon will in Irak neuartige Waffen testen; "Nur im Krieg erhaelt man ein realistisches Feedback"
By Korrespondent Jim Krane
Das Pentagon will im Krieg gegen Irak erstmals eine Reihe neu entwickelter Waffen zum Einsatz bringen. Die Spannbreite der teilweise noch nicht ausgereiften Ruestungssysteme reicht von der Streubombe gegen Panzerverbaende ueber elektromagnetische Waffen, welche die Bauteile von Computern und Funkempfaengern zum Schmelzen bringen, bis hin zu Robotern.
"Alles in unserem Arsenal koennte unabhaengig vom Stand der Entwicklung zum Einsatz kommen", erklaerte Generalstabschef Richard Myers auf Fragen nach einem moeglichen Einsatz der erstmals am 11. Maerz getesteten MOAB-Bombe (Massive Ordnance Air Blast). In den Streitkraeften wird der 9.450 Kilogramm schwere Sprengsatz als "Mutter aller Bomben" bezeichnet - in Anlehnung an den vom irakischen Staatschef Saddam Hussein gepraegten Begriff von der "Mutter aller Schlachten". US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklaerte, bei der neuen Bombe handle es sich vor allem um eine Waffe mit psychologischer Wirkung. Aber auch die Sprengwirkung ist gewaltig, die Detonation der staerksten konventionellen Bombe erzeugt einen mehrere Kilometer weit sichtbaren Rauchpilz.
"Nur im Krieg erhaelt man ein realistisches Feedback ueber neue Moeglichkeiten", sagt Bob Martinage vom Zentrum fuer Strategische und Haushaltspolitische Bewertungen (CSBA), einem unabhaengigen Forschungsinstitut in Washington. "Die Streitkraefte werden es ausnutzen, dass sie jetzt neue Systeme testen koennen."
Clark Murdock vom Zentrum fuer Strategische und Internationale Studien (CSIS) vermutet, dass einige neuartige Waffensysteme eingesetzt werden koennten, die als geheim eingestuft werden. "Wenn man es benutzt, und es funktioniert, und niemand kennt es - warum sollte man dann darueber sprechen?"
Die High-Tech-Waffen sollen offenbar vor allem gegen Kommunikationszentren der Streitkraefte eingesetzt werden, eines der ersten Ziele in der Strategie von Befehlshaber Tommy Franks. Die Luftwaffe verfuegt ueber spezielle Bomben, die besonders gesicherte Bunker durchdringen koennen.
Aber wenn die Ziele in Wohnvierteln untergebracht sind, koennten die US-Streitkraefte auch Marschflugkoerper mit elektromagnetischen Impulsgeneratoren abfeuern. Eine solche "E-Bombe" bringe die Elektronik zum Einfrieren, ohne Menschen zu schaedigen, erklaert Andrew Koch, der sich bei der britischen Jane's Information Group mit solchen Systemen beschaeftigt. E-Bomben erzeugen mit einem Schlag so viel elektrische Energie, dass jede nicht davor geschuetzte elektronische Geraet zerstoert wird. Nach Studien der Forschervereinigung GlobalSecurity.org koennen solche Waffen eine Reichweite von einigen hundert Metern entwickeln. Entsprechende Systeme sind schon seit Jahrzehnten in Entwicklung - das Pentagon haelt sich mit Informationen darueber aber sehr bedeckt.
Gegen moegliche Massenvernichtungswaffen richten sich Bomben, die nicht explodieren, sondern die Huelle von Sprengkoepfen durchdringen und den chemischen oder biologischen Kampfstoff zum Verbrennen bringen, ohne dass die Schadstoffe entweichen. Der Fachausdruck dafuer laute "Agent Defeat", erklaert Martinage - dem Versuch, Kampfstoffe einzusetzen, soll von vornherein zum Scheitern verurteilt sein.
Zwtl: Neue Laserwaffen moeglicherweise vor erstem Einsatz
Vor ihrem ersten Einsatz stuenden moeglicherweise auch Laserwaffen, die den Gegner erblinden lassen oder die optische Lenkung von Waffensystemen ausser Kraft setzen, sagt der technische Redakteur von Jane's, Rupert Pengelley. Nach Informationen der Vereinigung Amerikanischer Wissenschaftler wurden bereits im Golfkrieg von 1991 Bradley-Panzer mit Laserwaffen ausgestattet, aber damals nicht verwendet. Menschenrechtler von Human Rights Watch haben Laserwaffen als besonders grausam eingestuft und ihre Aechtung gefordert.
Laser-Suchsysteme werden in neuartigen Bomben eingesetzt, die fuer so genannte Erdkampfflugzeuge des Typs A-10 "Warthog" gedacht sind. Bei diesen "Sensor-Fuzed"-Bomben handelt es sich um Streubomben, deren einzelne "Bomblets" an Fallschirmen zu Boden gleiten und jeweils vier kleine Sprengsaetze von der Groesse eines Eishockey-Pucks abfeuern. Deren Lasersysteme spueren Fahrzeuge auf und attackieren sie. Mit 30 solcher Bomben koennten alle Fahrzeuge in einem Umkreis von zwoelf Hektar zerstoert werden, sagt der Leiter des Bewaffnungszentrums auf dem Luftwaffenstuetzpunkt Eglin in Florida, Steve Butler. Die "Sensor-Fuzed"-Bomben waren schon beim Kosovo-Krieg des Jahres 1999 verfuegbar - damals stiessen die US-Streitkraefte den Angaben zufolge aber nicht auf entsprechend grosse Fahrzeugverbaende serbischer Truppen und verzichteten daher auf den Test des neuen Waffensystems.
Die Luftwaffe koennte auch ein neues Raketensystem einsetzen, das die Bezeichnung JASSM traegt - "Joint Air-to-Surface Standoff Missile". Diese satellitengesteuerten Waffen mit einer Reichweite von 320 Kilometern verwenden ein Infrarot-System, um eingespeicherte Ziele zu erkennen. Die Rakete wurde fuer einen moeglichen Einsatz im Irak-Krieg vorbereitet, die Tests sind nach Angaben der Luftwaffe aber noch nicht abgeschlossen.
Computertechnik zur Vernetzung von Soldaten, Kommandeuren und Waffensystemen soll wie schon im Afghanistan-Krieg (2001/2002) auch in Irak verwendet werden. Hochgeschwindigkeitsverbindungen versprechen den Militaerplanern einen schnellen Datenaustausch und die entsprechend schnelle Befehlsuebermittlung.
Zusaetzliche Informationen versprechen sich die Offiziere von den nahezu allgegenwaertigen Mini-Drohnen, die als UAV bezeichnet werden: "Unmanned Aerial Vehicle". Kaum groesser als ein Bussard, werden die Flugkoerper von Soldaten gesteuert, denen sie Videoaufnahmen ueber den jeweiligen Einsatzort liefern. Das UAV "Dragon Eye" uebertraegt seine Bilddaten drahtlos an einen mit Notebook ausgestatteten Marine-Infanteristen. Dieser koenne dann so auch schnell mal ueber den naechsten Huegel blicken, erklaert Jenny Holbert vom "Marine Corps Warfighting Lab".
Fuer Spaeheinsaetze in gefaehrlichem Gelaende wie den Strassen einer Stadt soll den US-Truppen der Roboter "Dragon Runner" zur Seite stehen. Dieser Prototyp eines ferngesteuerten Hilfssoldaten ist nur noch halb so gross wie der "PackBot", den die USA in Afghanistan zum Durchsuchen von Hoehlen einsetzten. Der ebenfalls mit einer Kamera ausgestattete Roboter koennte nach Angaben von Offizieren auch kleinere Bomben mitfuehren.
Aber falls es wirklich zu Strassenkaempfen in Bagdad kommen sollte, bezweifeln einige Experten den Sinn solcher High-Tech-Geraete. "Die Abgruende eines Kampfes in der Stadt ueberwiegen um ein Vielfaches alle Fortschritte der vergangenen zwoelf Jahre", sagt der Militaerfachmann Michael O'Hanlon von der Brookings Institution.
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