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Frankfurter Rundschau February 12, 2003

Strategische Einblicke

Ein Aufmarsch, der auf Irak Eindruck machen soll

Von Daniel Herrmann

Wie viele Soldaten das US-Militär rund um Irak zusammengezogen hat, ist schwer zu sagen. Klar ist, dass die US-Militärstrategen Saddam Hussein keinen Einblick in ihre Truppenaufstellung gewähren wollen. Auf der anderen Seite ist Washington daran interessiert, Irak zu zeigen, mit welcher Macht es darauf dringt, das Land am Euphrat zu entwaffnen. Angebliche geheime Mobilisierungsbefehle von US-Präsident George W. Bush werden von den Medien begierig verbreitet. Jeden Flugzeugträger, der Kurs auf den Persischen Golf nimmt, verabschiedet man mit militärischem Tamtam. Was davon gezielte Kriegspropaganda oder tatsächliche Vorbereitung auf einen Waffengang ist, lässt sich nur schwer sagen. Experten gehen davon aus, dass inzwischen rund 150000 US-Soldaten am Golf stehen. Hinzu kommen etwa 35000 britische Soldaten. Zuverlässige Informationen aus unabhängiger Quelle gibt es kaum. Der US-Militärexperte John Pike von der Organisation Global-Security, die nicht gewinnorientiert arbeitet, trägt im Internet Informationen zusammen. Absolute Zahlen wagt auch er kaum zu nennen.

Jüngst wurden US-Überlegungen bekannt, einen fünften Flugzeugträger in die Region zu entsenden. Die Kitty Hawk ist dazu ausersehen, die sonst vor der Koreanischen Halbinsel kreuzt. Angesichts des Atomstreits mit Nordkorea wäre der Abzug des Schiffes allerdings eine Schwächung für die US-Truppen in Asien.

Ein Verstärkung für die Truppen am Golf ist die Kitty Hawk nicht, allenfalls Ersatz. Die Abraham Lincoln, die derzeit noch im Persischen Golf kreuzt, dürfte nämlich langsam aus dem letzten Loch pfeifen. Im Juli 2002 begann das Kriegsschiff seine Einsatzphase, die maximal sechs Monate dauert. Danach müssen die mächtigen Ozeanriesen zurück in die Werft, eine Ausbildungsreise schließt sich an - 14 Monate dauert diese Phase nach einem Einsatz. So lief die Abraham Lincoln denn auch Ende Dezember 2002 turnusgemäß in den Gewässern von Australien zur Überholung ein. Dort erreichte sie ein erneuter Einsatzbefehl. Anfang Februar tauchte die Abraham Lincoln wieder am Golf auf. Wie lange der Flugzeugträger dort einsatzfähig agieren kann, darüber sind sich auch Fachleute nicht einig.

Zwei weitere Flugzeugträger kreuzen seit November in der Region: Die Constellation liegt vor Oman, die Theodore Roosevelt durchpflügt das Mittelmeer. Damit droht sich Ende April ein Zeitfenster für einen Irak-Angriff zu schließen, denn dann müssen auch diese beiden Träger zurück ins Dock. Voraussichtlich einsetzbar sind dann nur noch die Nimetz und die Carl Vinson, der Rest der Flugzeugträgerflotte befindet sich nach dem Afghanistan-Feldzug in der Werft - und für eine eventuelle Eskalation der Krise in Nordkorea wäre kein Träger verfügbar. Die Prognose von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, ein Irak-Krieg werde eher sechs Tage oder sechs Wochen dauern, nicht aber sechs Monate, macht unter Berücksichtigung der Wartungsintervalle Sinn.

Ein Flugzeugträger kreuzt niemals allein über die Weltmeere. Zwar sind die Giganten schwer bewaffnet - auch mit Marschflugkörpern -, trotzdem wären sie leichte Beute für U-Boote. Zu einer so genannten Carrier Battle Group gehören auch noch zwei Kreuzer, vier Zerstörer oder Fregatten, zwei U-Boote und ein Versorgungsschiff. Dazu kommt häufig noch ein Kampfverband mit Landungsschiffen.

Rund um Irak haben die USA in den vergangenen Jahren zahllose Stützpunkte aus dem Wüstenboden gestampft. Vor allem Nachschubbasen, so genannte Logistik Hubs, benötigt das Militär, damit den Soldaten nicht kurz vor Bagdad die Munition ausgeht. Nagelneu ist das Camp Arifjan in Kuwait. Das Kasernenareal hat die Regierung des Emirats für 200 Millionen US-Dollar errichten lassen. Von dort aus operiert das Zentralkommando der US-Armee in Kuwait. Als Nachschubbasis dient Camp Doha an der Küste des Emirats. Und im wüsten Niemandsland in Nord-Kuwait, keine 80 Kilometer von Irak entfernt, befindet sich das Aufmarsch- und Trainingsgebiet der US-Armee. Das Lager Kabals ist rund zehn Fußballfelder groß.

Saudi-Arabien hat für die US-Truppen im Gegensatz zum ersten Golf-Krieg an Bedeutung verloren. Viele Einheiten sind in das benachbarte Katar umgezogen. Dort hat die US-Airforce die Al Udeid Luftbasis konsequent ausgebaut. 4,5 Kilometer lang ist die Start- und Landebahn nach umfangreichen Umbauarbeiten nun. Sie ist damit die längste in der Region.

Auch in Oman investiert die US-Armee kräftig: 120 Millionen US-Dollar setzt sie seit April 2002 in Al Musnana in den Sand. Die US-Navy schließlich hat ihr Quartier in Bahrain aufgeschlagen. Von dort aus führt die 5. US-Flotte die Marineverbände in der Golfregion.


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